Neues aus dem Arbeitsrecht
Was Sie in der Corona-Krise wissen müssen.
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Was Sie in der Corona-Krise wissen müssen.
1. Achtung Handlungsbedarf: Umdeutung der Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit
Da sich in einigen Branchen die wirtschaftliche Situation beruhigt und das Bedürfnis nach Kurzarbeit dadurch sinkt, stehen manche Unternehmen vor dem Problem, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld nicht mehr in den gesamten Betrieben vorliegen. Zwingende Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit des Kurzarbeitergeldes ist es, dass mindestens 10 % der Mitarbeiter des in der Anzeige angegebenen Gesamtbetriebs bzw. der Betriebsabteilung von einem Arbeitsausfall in Höhe von mindestens 10 % betroffen sind. Die meisten Unternehmen haben in der An-zeige Kurzarbeitergeld für den Gesamtbetrieb beansprucht. Diese Anzeige ist grundsätzlich bindend und kann nachträglich nicht auf einen Betriebsteil reduziert werden.
Die Bundesagentur für Arbeit bestätigt indessen, dass es bis zum 31.7.2020 aufgrund einer internen Weisung möglich sein soll, die Anzeige durch eine sog. Umdeutung anzupassen. Eine solche Umdeutung kann jedoch nur einmalig erfolgen. Bedauerlicherweise hat die Bundesagentur für Arbeit hierzu bislang keine Informationen veröffentlicht.
Durch eine Umdeutung kann – sofern sie durch die Bundesagentur für Arbeit akzeptiert wird – die abgegebene Anzeige dahingehend modifiziert werden, dass sie nicht mehr für den Gesamtbetrieb, sondern für mehrere zu bezeichnende Betriebsabteilungen gilt. Der Anspruchszeitraum richtet sich dabei weiterhin nach der ursprünglichen Anzeige und wird durch die Umdeutung nicht verlängert. Wird die beantragte Umdeutung akzeptiert, so erlässt die Bundesagentur für Arbeit entsprechend angepasste Bescheide.
Wird die Umdeutung nicht vorgenommen und sinkt die Anzahl der von Kurzarbeit betroffenen Mitarbeiter des in der ursprünglichen Anzeige bezeichneten Betriebs auf unter 10 %, so entfällt die Erstattungsfähigkeit des Kurzarbeitergeldes. Eine neue Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit kann für eine weiterhin betroffene Betriebsabteilung, in der die Voraussetzungen der Gewährung des Kurzarbeitergeldes erfüllt sind, dann erst nach drei Monaten gestellt werden.
Es ist daher zu empfehlen, für möglichst viele einzelne Betriebsabteilungen eine Umdeutung zu erwirken. Hierzu sollte umgehend Kontakt mit der zuständigen Bundesagentur für Arbeit, die den für die Unternehmen geltenden Bescheid erlassen hat, hergestellt werden.
Arbeitsrecht/Kurzarbeitergeld
Verena Dietermann
Rechtsanwältin
Telefon: 0441 9710-119
E-Mail: dietermann@treuhand.de
Arbeitsrecht/Kurzarbeitergeld
Klaus Wilke
Rechtsanwalt, Steuerberater
Telefon: 0441 9710-132
E-Mail: wilke@treuhand.de
Die Bundesagentur für Arbeit versteht unter dem Begriff der Betriebsabteilung gem. § 97 Satz 2 SGB III die mit technischen Mitteln ausgestattete Zusammenfassung von Arbeitnehmern zu einer geschlossenen Arbeitsgruppe, die aus sachlichen Gründen organisatorisch, insbesondere durch eine eigene technische Leitung, vom übrigen Betrieb getrennt ist und einen eigenen Betriebszweck – auch Hilfszweck – verfolgt.
2. Erhöhung des Kurzarbeitergeldes
Die Bundesregierung hat am 22. April 2020 eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes beschlossen, die sich nun bereits in vielen Unternehmen auswirkt. Ab dem vierten Monat des Bezugs von Kurzarbeitergeld erhöht sich das Kurzarbeitergeld auf 70 % für Kinderlose und auf 77 % der Nettoentgeltdifferenz für Arbeitnehmer mit unterhaltspflichtigen Kindern. Diese Erhöhung bleibt bis einschließlich dem sechsten Monat des Kurzarbeitergeldbezuges bestehen.
Ab dem siebten Monat des Kurzarbeitergeldbezuges wird das Kurzarbeitergeld nochmals erhöht auf 80 % bzw. 87 % der Nettoentgeltdifferenz.
Voraussetzung für die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes ist jedoch, dass im jeweiligen Bezugsmonat der Entgeltausfall des betreffenden Arbeitnehmers über 50 % liegt. Bei einem geringeren Entgeltausfall bleibt es bei dem Kurzarbeitergeld in Höhe der bisherigen Nettoentgeltdifferenz von 60 % bzw. 67 %.
Die Voraussetzungen für den Bezug des erhöhten Kurzarbeitergeldes sind in jedem Monat neu zu prüfen. Gemäß § 421 c SGB III sind für die Berechnungen die Bezugsmonate ab März 2020 zu berücksichtigen. Die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes gilt bis Ende des Jahres 2020.
3. Arbeitsausfall wegen Kinderbetreuung – der neue § 56 Abs. 1 a) IfSG
Können Mitarbeiter wegen fehlender anderweitiger Betreuungsmöglichkeiten für betreuungsbedürftige Kinder ihre Arbeit nicht antreten, kommt ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 616 BGB oder § 56 Abs. 1 a) Infektionsschutzgesetz in Betracht.
Ist ein Anspruch nach § 616 BGB nicht gegeben, etwa, weil der Arbeitnehmer für eine längere als eine „nicht erhebliche Zeit“ an der Erbringung der Arbeitsleistung gehindert war, so kommt § 56 Abs. 1 a) IfSG zur Anwendung. Das Gesetz gewährt dem betroffenen Elternteil eine Entschädigung von 67 % seines wegen der notwendigen Kinderbetreuung entstandenen Verdienstausfalls. Für die Bestimmung des Verdienstausfalls sind das übliche Nettoentgelt und das tatsächliche erzielte Nettoentgelt zu vergleichen. Die Entschädigung beträgt 67 % der so ermittelten Nettoentgeltdifferenz. Maximal beträgt die Entschädigungsleistung 2.016 € monatlich.
Der Anspruchszeitraum wurde von ursprünglich sechs Wochen auf zehn Wochen und für Alleinerziehende sogar auf bis zu zwanzig Wochen verlängert. Weiterhin ist zu beachten, dass der Anspruch während ferienbedingter Schul- und Kita-Schließungen nicht entsteht.
Die Entschädigung nach § 56 Abs. 1 a) IfSG ist keine Leistung des Arbeitgebers, sondern eine staatliche Leistung. Der Arbeitgeber tritt für den Staat in Vorleistung und zahlt das Geld an den Arbeitnehmer aus und beantragt dann von der zuständigen Behörde die Erstattung. Bei der Abrechnung ist daher darauf zu achten, dass die Entschädigung als solche bezeichnet wird und von dem Arbeitsentgelt abgegrenzt wird.
4. Entschädigung wegen angeordnetem Tätigkeitsverbot oder einer häuslichen Quarantäne
Für den Verdienstausfall, den ein Arbeitnehmer aufgrund einer Quarantäne oder eines Tätigkeitsverbotes erleidet, kann ebenfalls eine Entschädigung nach § 56 Infektionsschutzgesetz gewährt werden. Der Anspruch entsteht, wenn das Tätigkeitsverbot oder die Quarantäne durch die zuständige Behörde, ggf. das Gesundheitsamt oder das Ordnungsamt, verhängt werden. Eine Erstattung kann nicht erfolgen, wenn die Quarantäne nicht auf einer behördlichen Anordnung beruht.
Unter einer Quarantäne versteht man, dass sich eine Person für eine bestimmte Zeit an einem bestimmten Ort, etwa in ihrer Wohnung, aufhalten muss und sich im Übrigen nicht frei bewegen darf. Der Anspruch besteht nicht, wenn der Arbeitnehmer in der betreffenden Zeit arbeitsunfähig ist, seinen Urlaubsanspruch wahrnimmt oder gem. § 616 BGB vorübergehend verhindert ist.
Ein Tätigkeitsverbot liegt vor, wenn einzelnen Personen durch behördliche Anordnung untersagt wird, eine bestimmte Tätigkeit für einen vorübergehenden Zeitraum auszuüben. Bislang wurden wegen COVID 19 noch keine Tätigkeitsverbote ausgesprochen.
Die Entschädigung wird während der ersten sechs Wochen in Höhe des Verdienstausfalls erstattet. Die Erstattung erfolgt in Höhe des Nettoarbeitsentgelts zuzüglich der Sozialversicherungsbeiträge und ist steuerfrei. Der Arbeitgeber geht in dieser Zeit mit der Zahlung in Vorleistung und beantragt dann die Erstattung durch die zuständige Behörde.
Ab der siebten Woche erfolgt eine Entschädigung in Höhe des Krankengeldes direkt durch die Behörde. Beamte und Auszubildende haben keinen Erstattungsanspruch.
Die Anträge auf Entschädigung müssen schriftlich innerhalb von drei Monaten nach Ende der Quarantäne gestellt werden. In Niedersachsen ist die zuständige Behörde das jeweilige Gesundheitsamt.
5. Sonderzahlung
Gemäß dem neu eingeführten § 3 Nr. 11 a) EStG hat der Gesetzgeber zur Abmilderung der zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Krise für Arbeitnehmer eine Sonderzahlung von bis zu 1.500 € im Jahr 2020 steuer- und sozialversicherungsbeitragsfrei gestellt. Begünstigt sind Sonderzahlungen für alle Arbeitnehmer, gleich welcher Berufsgruppe und Branche diese angehören. Die Sonderzahlungen müssen in einem Zeitraum vom 1.3. bis 31.12.2020 gewährt werden und dem Arbeitnehmer zufließen.
Als Sonderzahlungen gelten auch sämtliche Beihilfen und Unterstützungen, die durch den Arbeitgeber gewährt werden und freiwillig, also zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn, gezahlt werden. Bei der Gewährung der Sonderzahlung sollte diese als solche kenntlich gemacht werden.
Eine tatsächliche Hilfsbedürftigkeit der Arbeitnehmer ist dabei unerheblich. Der Gesetzgeber nimmt zugunsten aller Beschäftigten an, dass diese sich im Zeitraum von März bis Ende des Jahres 2020 in einer Notfallsituation befinden.
Die Sonderzahlung muss nicht einmalig erfolgen, sondern kann auch in einer wiederkehrenden Leistung bestehen. Wichtig ist hierbei nur, dass der Arbeitgeber nicht bereits vor der Pandemie zur Leistungserbringung verpflichtet war. Die Zahlung darf also nicht auf einer Vereinbarung oder Zusage beruhen, die vor dem 1. März 2020 getroffen wurde. Eine steuerfreie Sonderzahlung kann auch gegenüber Minijobbern gewährt werden.
Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld fallen nicht unter den Begriff dieser Sonderzahlung, können jedoch aufgrund anderer gesetzlicher Regelungen ebenfalls steuerfrei sein. Eine Abgeltung von Überstunden durch eine solche Sonderzahlung ist ebenfalls nicht möglich.
Das Textdokument zum Download finden Sie hier.