Sibylle Springer „Wet Light“
Ausstellung im Kunstfoyer vom 1. Juni bis 15. Juli 2016
Sibylle Springer „Wet Light“
Ausstellung im Kunstfoyer vom 1. Juni bis 15. Juli 2016
Flirrende Farben fliegen über die Leinwände von Sibylle Springer. Unter den Farbflecken ahnen wir allmählich gegenständliche Straßenszenen, einen Bürgersteig, einen Baum oder eine Figur. Was zunächst abstrakt wirkt, erinnert plötzlich an Regen, der wie ein Schleier sich auf das Bild legt. Die Serien der Straßenbilder und Graffti in U-Bahntunneln sind nach einem Studienaufenthalt in New York entstanden. Auf der Leinwand beginnt die Bremer Künstlerin mit einem gegenständlichen Bild, das durch viele durchscheinende Farbschichten verrätselt wird, bis Gegenständlichkeit und Abstraktion wie in einem Vexierbild erscheinen. Gerne wird der Stil von Sibylle Springer mit dem Adjektiv „impressionistisch“ beschrieben. Der Vergleich ist tatsächlich fruchtbar, wenn wir uns der Unterschiede bewusst werden. In der Arbeitsweise gibt es eine Überschneidung: Die Bilder entstehen in einem langsamen Prozess auf der Leinwand mit einer groben Bildidee und vielen Möglichkeiten der spontanen Veränderung und des Experimentierens. Allerdings entsteht ihre Malerei nicht draußen vor dem Motiv, sondern nach eigenen Fotografien und fremden Bildern im Atelier. Und selbstverständlich haben sich die Grundlagen der Bildproduktion geändert. Als im 19. Jahrhundert sich die Künstler vom beherrschenden Stil der Naturnachahmung verabschiedeten, wandten sie sich der Abstraktion zu. Und bis auf wenige Ausnahmen gilt, dass wer einmal diesen Schritt gegangen ist, nicht wieder zur Gegenständlichkeit zurückgekehrt ist. Der Impressionismus stellt aus dieser Perspektive einen Übergang dar, eine Kunstströmung, die noch versucht die vierdimensionale Wirklichkeit auf einer zweidimensionalen Leinwand festzuhalten. Der Kunsthistoriker Werner Hofmann benannte diese Entwicklung „Von der Nachahmung zur Erfindung der Wirklichkeit“.
Wir neigen dazu, Abstraktion und Gegenständlichkeit in der Kunst als Gegensatz zu verstehen. Aber das gegenständliche Bild ist wie das abstrakte ein symbolisches Bild, das seine eigene Realität darstellt. Mit dem Bewusstsein der historischen Entwicklung bedient sich Sibylle Springer beider Stile gleichzeitig.
Sibylle Springer