Welf Schiefer „Manege Unhold“

Ausstellung im Kunstfoyer vom 26. September bis 20. Dezember 2024

Welf Schiefer „Manege Unhold“

Ausstellung im Kunstfoyer vom 26. September bis 20. Dezember 2024

Zwar ist die Vorstellung unsinnig, dass der Mensch auf seinen Wegen jemals allein unterwegs war, aber lange Zeit waren seine tierischen Begleiter mehr erlitten als geliebt. Auch mit der Domestizierung der Tiere blieb die Beziehung von Mensch und Tier vielschichtig und reicht von tiefer Innigkeit bis zu kühler Rationalität. Welf Schiefer fügt dieser Geschichte mit seinem meisterlichen Werk „Milbreiter“ (2022) ein neues phantastisches Kapitel hinzu. Die Milbe – nicht zu verwechseln mit der Steinlaus (Petrophaga lorioti) – gehört in der biologischen Taxonomie zu den Spinnentieren. Die kleinsten Milben sind lediglich 0,1 Millimeter groß und selbstverständlich sind sie als Art hundertmal älter als der Mensch. Allerdings sind die Achtbeiner nicht sehr schnell, weshalb sie sich häufig Transporttiere suchen, um in der Welt voranzukommen – ähnlich wie der Mensch, der das Pferd domestizierte. Dass Milben parasitär leben, ist allgemein bekannt.

Welf Schiefer

Welf Schiefer

Angesichts der erhabenen Tiere verfällt manch einer als körperloser Kopf in Panik. Welf Schiefer allerdings thematisiert in seinem Gemälde die Möglichkeit, größere Exemplare als Reittiere im häuslichen Umfeld zu nutzen. Obwohl es einen gewissen Mut erfordert, sich auf den Rücken der für ihre Widerborstigkeit bekannten Tiere zu schwingen, sind sie gerade bei Schulkindern beliebt, da sie einfach im eigenen Bett herangezüchtet werden können. Statt ballenweise Heu und Hafer heranzuschaffen, knabbern die anmutigen Milben nachts an ihren Reitern. Der Trend der Reitmilbe fand Aufschwung durch zahlreiche Videos in den sozialen Medien. Welf Schiefer korrigiert unsere negative Vorstellung von den Milben, die zu Unrecht als Parasiten bezeichnet werden. Es handelt sich vielmehr um ein symbiotisches Verhältnis. Damit ist der in Leer geborene Maurer, Künstler und Kunsterzieher Schiefer ganz auf der Höhe der aktuellen paläoanatomischen Forschung, denn man könne mit einiger Berechtigung die Frage stellen, wer hier eigentlich wen gezähmt hätte, sagt Joris Peters, Professor für Paläoanatomie an der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Welf Schiefer faszinierte in seinem künstlerischen Schaffen stets das Handwerkliche. In seinem Studium des Grafikdesigns in Hildesheim entwickelte er sich zu einem Meister der Radierung, die er neben Gemälden im Kunstfoyer am Langenweg präsentiert.

Jörg Kinner