Wachstumschancengesetz

Relevant für alle Steuerpflichtigen

Der Bundestag hat am 17.11.2023 das Wachstumschancengesetz („Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“) beschlossen. Es enthält wesentliche Änderungen gegenüber dem bisherigen Gesetzentwurf. Ziel der geplanten Neuregelungen ist es, die Liquiditätssituation der Unternehmen zu verbessern und Investitionen und Innovationen zu fördern. Das Gesetz soll die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum der deutschen Wirtschaft stärken. Die Zustimmung des Bundesrates steht noch aus. Am 24.11.2023 hat dieser das Gesetz in den Vermittlungsausschuss verwiesen. Wie ein Jahressteuergesetz enthält das Wachstumschancengesetz eine Vielzahl wichtiger Änderungen, von denen hier nur die wichtigsten Maßnahmen aufgeführt werden:

1. Einkommensteuer/Körperschaftsteuer
  • Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sollen ab dem Jahr 2024 bis zu einem Betrag von 1.000 € als steuerfrei behandelt werden. Sie bleiben auf Antrag (z.B. durch Abgabe der Anlage V zur Einkommensteuererklärung) steuerpflichtig, wenn die mit den Einnahmen zusammenhängenden Ausgaben höher sind.
  • Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dürfen nur als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn sie 35 € pro Wirtschaftsjahr und pro Empfänger nicht übersteigen. Dieser Betrag soll für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, auf 50 € angehoben werden.
  • Die Regelungen zur Zinsschranke sollen ab dem Jahr 2024 verschärft werden..
  • Die bisher geplante Einführung einer sog. Zinshöhenschranke ist in dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz nicht mehr enthalten.
  • Die Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter soll für Anschaffungen ab dem 1.1.2024 von 800 € auf 1.000 € angehoben werden. Für den alternativ möglichen Sammelposten soll die Wertobergrenze der Anschaffungskosten auf 5.000 € (bisher: 1.000 €) angehoben und die Auflösungsdauer von fünf Jahren auf drei Jahre verkürzt werden.
  • Neu in den Gesetzentwurf aufgenommen wurde die Möglichkeit der degressiven Abschreibung in Höhe des Zweieinhalbfachen der linearen Abschreibung (max. 25% pro Jahr). Die ursprünglich bis Ende 2022 befristete degressive Abschreibung soll für nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.1.2025 erworbene bewegliche Gegenstände des Anlagevermögens wieder eingeführt werden.
  • Ebenfalls neu im Gesetzentwurf aufgenommen wurde ein Wahlrecht zur degressiven Abschreibung von Wohngebäuden mit Baubeginn nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 in Höhe von 6% des Restbuchwertes. Die lineare Abschreibung beträgt 3% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und führt damit in den ersten Jahren zu deutlich geringeren Abschreibungen.
  • Bei der Sonderabschreibung nach § 7g EStG für abnutzbare bewegliche Anlagegüter in Betrieben mit einem Vorjahresgewinn von bis zu 200.000 € soll der maximale Abschreibungsbetrag ab dem Jahr 2024 von derzeit 20% auf 50% der Investitionskosten angehoben werden.
  • Der Verlustrücktrag soll ab dem Jahr 2024 von zwei auf drei Jahre verlängert werden. Zudem sollen die Höchstbeträge von 10 Mio. € bzw. bei Zusammenveranlagung 20 Mio. € bis einschließlich des Jahres 2025 beibehalten werden. Danach werden die Betragsgrenzen auf 5 Mio. € bzw. 10 Mio. € gesenkt.
  • Verluste können, soweit sie den unbeschränkt abziehbaren Sockelbetrag von 1 Mio. € (bei Ehegatten 2 Mio. € ) übersteigen, nur bis zur Höhe von 60 % des verbleibenden Einkommens abgezogen werden (sog. Mindestgewinnbesteuerung). Für die Jahre 2024 bis 2027 ist eine Erhöhung auf 75 % vorgesehen. Der Sockelbetrag soll nicht angehoben werden. In einem früheren Gesetzentwurf war noch
    eine Aussetzung der Mindestgewinnbesteuerung in den Jahren 2024 bis 2027 sowie eine deutliche Anhebung des Sockelbetrags vorgesehen.
  • Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften bleiben steuerfrei, wenn der im Jahr erzielte Gesamtgewinn höchstens 600 € beträgt. Die Freigrenze soll ab dem Jahr 2024 auf 1.000 € steigen.
  • Die optionale Thesaurierungsbesteuerung für Gesellschafter von Personengesellschaften soll für Gewinne ab dem Jahr 2024 reformiert werden. Der begünstigungsfähige Gewinn soll u.a. um die gezahlte Gewerbesteuer und um die Beträge, die zur Zahlung der Einkommensteuer auf den Gewinn entnommen werden, erhöht werden.
  • Die Option zur Körperschaftsbesteuerung soll für Personengesellschaften attraktiver werden. Künftig sollen daher alle Personengesellschaften und nicht nur Personenhandels- bzw. Partnerschaftsgesellschaften zur Körperschaftsteuer optieren können.
  • Auf die Besteuerung der „Dezember-Soforthilfe 2022“ für die hohen Kosten für Erdgas soll verzichtet werden.
2. Lohnsteuer
  • Bei privater Nutzung von rein elektrisch betriebenen Firmenwagen ist bei der 1%-Regelung nur ein Viertel des Bruttolistenpreises und bei der Fahrtenbuchmethode nur ein Viertel der Anschaffungskosten des Fahrzeugs anzusetzen. Dies gilt bisher allerdings nur, wenn der Bruttolistenpreis nicht mehr als 60.000 € beträgt. Diese Grenze wird für ab dem Jahr 2024 angeschaffte Fahrzeuge auf 70.000 € angehoben werden.
  • Die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen sollen ab dem Jahr 2024 von 28 € auf 32 € bzw. von 14 € auf 16 € angehoben werden.
  • Der Freigrenze für die Besteuerung geldwerter Vorteile aufgrund von Betriebsveranstaltungen soll ab dem Jahr 2024 von 110 € auf 150 € je Betriebsveranstaltung und teilnehmendem Arbeitnehmer angehoben werden.
3. Gewerbesteuer

Bei der erweiterten Kürzung für Grundstücksunternehmen soll bereits ab dem Jahr 2023 die Unschädlichkeitsgrenze für Stromlieferungen aus Solaranlagen und dem Betrieb von Ladesäulen von 10 % auf 20 % erhöht werden.
Die für die Einkommen- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2024 bis 2027 vorgesehene Erhöhung der Prozentgrenze bei der sog. Mindestgewinnbesteuerung von 60% auf 75% soll auch für gewerbesteuerliche Verlustvorträge gelten. Ein Verlustrücktrag ist bei der Gewerbesteuer weiterhin nicht möglich.

4. Prämie für Investitionen in den Klimaschutz

Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften können eine neu eingeführte Investitionsprämie für die Anschaffung oder Herstellung neuer beweglicher Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die die Energieeffizienz des Unternehmens verbessern und in einem Energiesparkonzept enthalten sind, beantragen. Die Prämie beträgt 15 % der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, höchstens jedoch
30 Mio. €, und wird für ab dem 1.3.2024 begonnene Investitionen gewährt.

5. Umsatzsteuer

Die Übertragung von Emissionszertifikaten soll ab dem Jahr 2024 unter die Vereinfachungsregelung zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (sog. Reverse-Charge) fallen.
Eine verpflichtende Verwendung von elektronischen Rechnungen soll zum 1.1.2025 eingeführt werden. Diese E-Rechnungspflicht ist nur für steuerpflichtige inländische Umsätze zwischen inländischen Unternehmern vorgesehen. Es sind jedoch Übergangsregelungen
geplant, die im Vergleich zum bisherigen Gesetzentwurf noch einmal angepasst wurden. So sollen in den Jahren 2025 und 2026
alle Unternehmen sowie im Jahr 2027 Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz unter 800.000 € noch Papier- oder PDF-Rechnungen stellen dürfen. Ab dem 1.1.2028 wird eine E-Rechnungsstellung nach der CEN-Norm 16931 generell verpflichtend sein. Bis dahin sind auch andere elektronische Rechnungen zulässig, wenn eine Übermittlung im elektronischen Datenaustausch erfolgt.
Der Schwellenwert zur Befreiung von der Abgabe vierteljährlicher Umsatzsteuer-Voranmeldungen soll ab dem Jahr 2024 von 1.000 € auf 2.000 € erhöht werden.
Kleinunternehmer sollen ab dem Jahr 2024 im Regelfall von der Übermittlung von Umsatzsteuerjahreserklärungen befreit werden.
Die Jahresumsatzgrenze für die Möglichkeit der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten soll ab dem Jahr 2024 von 600.000 € auf 800.000 € angehoben werden.

6. Abgabenordnung

Die Grenzen für die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger sollen ab dem 1.1.2024 angehoben werden. Sie sollen bezüglich der Umsatzerlöse von 600.000 € auf 800.000 € und bezüglich des Jahresüberschusses von 60.000 € auf 80.000 € steigen.
Bei Überschusseinkünften soll die Einkunftsgrenze für die sechsjährige Aufbewahrungspflicht von Unterlagen von 500.000 € auf 750.000 € angehoben werden. Die Grenze wurde im Vergleich zum Referentenentwurf deutlich erhöht.
Aussetzungszinsen sollen für von der Vollziehung ausgesetzte Haftungsansprüche ab dem 1.1.2024 eingeführt werden.
Die Anzeigepflicht für Steuergestaltungen, die bisher nur für grenzüberschreitende Steuergestaltungen besteht, soll auf nationale Steuergestaltungen ausgeweitet werden.

7. Weitere Änderungen
  • Im Handelsgesetzbuch sollen die Schwellenwerte, ab denen eine Jahresabschlusserstellung erforderlich ist, ebenfalls von 600.000 € auf 800.000 € (Umsatzerlöse) bzw. von 60.000 € auf 80.000 € (Jahresüberschuss) erhöht werden.
  • Die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung in Form der sog. Forschungszulage soll gestärkt werden. Neben Arbeitslöhnen für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten sollen ab dem 1.1.2024 auch die in begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben genutzten abnutzbaren beweglichen Anlagegüter, die für deren Durchführung unerlässlich sind, begünstigt werden. Die begünstigten Aufwendungen sollen künftig auf 12 Mio. € (bisher 4 Mio. €) begrenzt werden. Kleine und mittlere Unternehmen können künftig eine Forschungszulage in Höhe von 35% (statt 25%) der begünstigten Aufwendungen erhalten.

Hinweis: Das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen; dieser hat das Gesetz in den Vermittlungsausschuss verwiesen.

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